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Der Beitrag der Vertreibungsliteratur zum Gedächtnis früherer Interkulturalität

Publication at Faculty of Arts |
2016

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Die Zwangsaussiedlung der Deutschen aus der Tschechoslowakei und aus den anderen mitteleuropäischen Ländern in den Jahren 1945 bis 1947 gehört zu den wichtigen Nachwirkungen des II. Weltkrieges - und wird sowohl im tschechischen als auch im deutschen Kulturraum zum literarischen Thema.

In der Tschechoslowakei bzw. später der Tschechischen Republik gab es dazu allerdings ganze Jahrzehnte lang so gut wie keine öffentliche Diskussion. Der deutsche Kulturraum war gespalten: Im Osten Deutschlands sah die Situation wegen des kommunistischen Regimes ähnlich aus wie in der Tschechoslowakei; im Westen dagegen war zwar die Gesellschaft freier, aber die Vertriebenen waren in ganz Westdeutschland "verteilt" worden, so dass sie keine räumliche Gemeinschaft bildeten.

Zudem bot ihnen die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft kaum Möglichkeiten, ihre Geschichte(n) in die Öffentlichkeit zu bringen. Somit hat man es mit drei unterschiedlichen Kulturräumen zu tun hat, in denen die Zwangsaussiedlung aus der Tschechoslowakei zum Thema der sogenannten "Vertreibungsliteratur" wurde.

Der Beitrag diskutiert von daher die Frage, ob die Vertreibungsliteratur in ihrer Entwicklung, aber auch in ihren derzeitigen Erscheinungsformen einen Knotenpunkt für einen deutsch-tschechischen interkulturellen Raum bilden, wobei diese Frage vor dem Hintergrund eines fast ein Jahrtausend friedlichen Zusammenlebens und dessen (wenn gleich unterschiedlichen) 'Vergessenmachen' in den Nachkriegsgesellschaften eine besondere Virulenz erhält. Aufgerufen ist damit aber auch die Frage, ob eine verstärkte Thematisierung der Zwangsaussiedlung, wie sie derzeit sowohl in Deutschland als auch und vor allem in Tschechien beobachtet werden kann, Auswirkungen auf den erinnernden Umgang mit der früher gelebten Interkulturalität hat.